Demokratie ist Gespräch, ist der Streit um das bessere Argument. Doch statt eines Streit-Gesprächs höre ich zunehmend Stimmen die sich gegenseitig aufstacheln, die lauter werden, die nicht an Kompromissen interessiert sind. Diese Entwicklung ist fatal, denn Demokratie lebt vom kontroversen Ringen um den richtigen Weg. Eben weil es auf die Frage, wie wir unser Zusammenleben gestalten wollen, keine einfachen Antworten gibt und erst recht nicht die eine Wahrheit.
Bei uns findet der Streit um die richtigen Lösungen maßgeblich in den Parlamenten statt.
Sie sind die zentralen Orte der Repräsentation, Arena der politischen Auseinandersetzung und das Rückgrat unserer Demokratie.
Ich bin daher der Überzeugung: Wir brauchen rechtlich und organisatorisch starke Parlamente. Und eine Debattenkultur, die hart in der Sache ist, fair im Umgang und lebendig im Stil.
Zu einer funktionierenden Demokratie gehört auch, dass die Volksvertreter*innen ihre Debatten in einem Geist gegenseitigen Respekts und Achtung der Würde des Anderen führen. Als Landtagspräsidentin trete ich daher sehr entschieden allen Versuchen entgegen, politische Gegner zu beleidigen, zu entmenschlichen oder parlamentarische Verfahren zu torpedieren.
Ich tue das auch mit Blick auf eine deutlich spürbare Enthemmung in manchen Teilen des öffentlichen Diskurses. Angriffe auf Abgeordnetenbüros haben zugenommen, gewählte Repräsentanten der Demokratie wie auch Ehrenamtliche werden beschimpft, bedroht und tätlich angegriffen. Der Mord an Dr. Walter Lübcke ist trauriger Höhepunkt dieser Entwicklung – und eine Mahnung, unsere Demokratie entschlossen gegen Hass und Extremismus zu verteidigen.
Deshalb habe ich mich auch entschieden, Drohungen und Hassnachrichten anzuzeigen. Denn dass eine Minderheit das Diskussionsklima vergiftet und – häufig in der scheinbaren Anonymität des Internets – andere Menschen herabwürdigt, dürfen wir nicht schweigend hinnehmen. Auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum und die Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen erreicht, wenn Menschen beleidigt und bedroht werden. Dagegen muss unser Rechtsstaat konsequent vorgehen – und dafür muss er entsprechend ausgestattet sein!
Letztlich sind wir alle gefordert, gemeinsam zu zeigen, dass unsere Demokratie wehrhaft ist. Wir müssen für sie einstehen, sie verteidigen, für sie werben. Immer wissend: Demokratie ist kein Geschenk.